Gymnasium Schwarzenbek entdeckt Berufsfelderprobung
Als erstes Gymnasium hat die Europaschule aus Schwarzenbek den gesamten 8. Jahrgang zur Berufsfelderprobung an das Berufsbildungszentrum Mölln (BBZ) geschickt. Zwei Wochen lang wurde geschraubt und geleimt, gehobelt und gesägt, gekocht und gebacken, frisiert und geschminkt, tapeziert und lackiert. Dabei konnten die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schwarzenbek in verschiedenen Werkstätten verschiedene Berufsfelder ausprobieren und erleben.
„Die Berufsorientierung wird an unserem Gymnasium großgeschrieben. So kam der Impuls aus dem Berufsorientierungsteam, das die Idee an das Kollegium herantrug, sich als erstes Gymnasium auf den Weg zu machen und den 8. Klassen diese Möglichkeit zu offerieren“, berichtet Schulleiterin Kristin Krause. Im Oktober des vergangenen Jahres fand deshalb ein Schulentwicklungstag im BBZ Mölln statt, an welchem sich die Kolleginnen und Kollegen selbst einen Eindruck verschaffen konnten. Tatsächlich war die Begeisterung riesig und der Vorschlag wurde angenommen.
Kritiker würden sicherlich fragen, warum ein Gymnasium, dass seine Schülerinnen und Schüler doch zur Studierfähigkeit erziehen soll, einen ganzen Jahrgang an eine Berufsbildungseinrichtung schickt. Aber auch Gymnasien müssen in der heutigen Zeit dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht jedes Kind, welches in der 5. Klasse am Gymnasium eingeschult wird, neun Jahre später dieses mit dem Abitur verlassen wird.
Ein Einblick in die Berufsfelder ist nicht nur für diejenigen interessant, die in diesem Berufsfeld eine Ausbildung absolvieren wollen, sondern auch für die Schülerinnen und Schüler, die angelehnt an dieses Berufsfeld ein Studium anstreben. Es bestärkt eine Studienwahlentscheidung, wenn zum Beispiel ein zukünftiger Ingenieur/eine zukünftige Ingenieurin der Fachrichtung Maschinenbau bereits während der Schulzeit in einer Metallwerkstatt tätig war und dort in Handarbeit durch Maschinenbedienung oder mit Hilfe des Einsatzes von CNC-Technik Erfahrungen und Eindrücke gesammelt hat. Der Ingenieur/die Ingenieurin muss am Ende die Arbeitsprozesse in der Produktion kennen, um die Bedürfnisse des Unternehmens bedienen zu können.
Auch Betriebs- und Wirtschaftspraktika sind an den Gymnasien in Schleswig-Holstein fest implementiert – und das aus gutem Grund. Auch sie geben den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in ihre mögliche Berufswelt von morgen. Das ist das, was jede Schule heute leisten muss, nämlich ihre Schülerinnen und Schüler auf ein Leben nach ihrer Schulzeit vorzubereiten – und das nicht nur in Hinblick auf den Fachkräftemangel und die hohe Anzahl der jährlich nicht besetzten Ausbildungsstellen.
Die „Werkstatttage“ am BBZ stellen eine großartige Ergänzung für die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler dar, da sie die Erprobung von drei verschiedenen Berufsfeldern ermöglichen. „Uns liegt sehr daran, dass die Schülerinnen und Schüler hier einen Moment der Selbstwirksamkeit erfahren“, sagt Tischlermeister Tim Erdmenger.
Die Achtklässler des Schwarzenbeker Gymnasiums waren vor allen Dingen davon begeistert, dass sie nicht, wie es bei einem normalen Betriebspraktikum häufig der Fall ist, einfach nur „mitgelaufen“ sind, sondern selbst im Mittelpunkt standen und produktiv sein konnten. „Am Ende durften wir sogar unseren selbst gebauten Holzwerkzeugkoffer oder das selbst gebackene Brot mit nach Hause nehmen“, schwärmt Levi von Essen. „In der Schule gibt es immer sehr viel Theorie. Und hier lernst du etwas Praktisches“, ergänzt Letizia Stuth.
Wenn Schulen in einem Flächenkreis kooperieren, dann müssen alle Akteure in einer gemeinsamen Anstrengung viele offene Fragen klären, damit letztendlich der Erfolg für die Schülerinnen und Schüler erreicht werden kann. In diesem Sinne hat der Kreis Herzogtum Lauenburg - bisher einmalig im Land - einen entscheidenden Beitrag geleistet, indem er den Fahrdienst für die Schülerinnen und Schüler finanziell und organisatorisch unterstützt hat.
Mit dieser Kooperation zwischen dem Gymnasium Schwarzenbek, dem Berufsbildungszentrum Mölln und dem Kreis Herzogtum Lauenburg ist ein Pionierprojekt gelungen, mit dem zugleich die Hoffnung verbunden ist, dieses in der Region zu verstetigen, als Ansprechpartner für andere interessierte Standorte zu dienen und aus der Einmaligkeit zukünftig vielleicht sogar eine flächendeckende Selbstverständlichkeit zu entwickeln.